Meine Vision: Endlich nur noch 40 Stunden-Woche als Hausarzt

Die Selbstbeteiligung der Patienten als Zukunftsperspektive

Foto: @puckons/Depositphotos.com

Der Status quo

Ich habe mich mal hingesetzt und habe die Arbeitsstunden als Hausarzt zusammengezählt.

25 Stunden Sprechstunde face to face in der Woche. Müssen wir machen. Das wird uns vorgeschrieben in unserem „freien“ Beruf.  Das wären 5 Stunden am Tag. Wer macht so wenig? Wir machen doch alle mehr. 

Aber gehen wir mal davon aus. 

25 Stunden. 

Hausbesuche dazu, 2 Stunden in der Woche, Minimum.

27 Stunden.

Jeden Tag noch 1 Stunde, Minimum, um eine ordnungsgemäße Dokumentation zu erstellen.

Das sind 32 Stunden in der Woche.

Jeden Tag eine halbe Stunde E-Mails von Patienten beantworten und eine halbe Stunde eingegangene Befunde und Laborwerte sichten und lesen.

Das sind 37 Stunden!

Und Überweisungen, Einweisungen, Rezepte schreiben und unterschreiben, reicht da eine halbe Stunde?

39,5 Stunden …

Weiter geht es: Jede Woche 1 Stunde Fortbildung, das ist vorgeschrieben.

Das sind 40,5 Stunden.

Täglich eine halbe Stunde neue Richtlinien, Coronaregeln, Abrechnungsziffern und Ähnliches verstehen und sich mit Telematik herumschlagen.

Das sind 41,5 Stunden.

Jedes Quartal 2 Bereitschaftsdienste in der Notfalldienstzentrale, die sind vorgeschrieben. Das sind umgerechnet pro Woche 2 Stunden.

Dann sind wir auf 43,5 Stunden pro Woche.

Und eine halbe Stunde müssen wir dazurechnen, in der Woche, weil wir pro Woche 68 Euro an die Kassenärztliche Vereinigung bezahlen müssen, dafür,  dass es die Bereitschaftspraxen gibt, wir uns also uns vom täglichen Nachtdienst loskaufen. Sonst müssten wir ja genau diese Zeit arbeiten. Das ist also eine halbe Stunde pro Woche. 

Wären wir mittlerweile bei 44 Stunden. 

Es fehlen: Die Stunden für Personalmanagement, Teamsitzungen, Hygieneschulungen, Datenschutzschulung, Führungs- und Personalgespräche, Personalsuche …

Und mindestes 1 Stunde in der Woche, eher 2, die wir für EPA, Konnektortausch, Notfalldatensatz, KIM-Einführung, etc. aufbringen müssen, und um Fehler, Ausfälle, und weitere Katastrophen bei eAU und eRezept zu managen. 

Insgesamt mindestens 46 Stunden. 

Das reicht.

Ein Lösungsansatz

Mehr kann ich nicht, mehr will ich nicht leisten.

Mehr als 25 Stunden Kassen-Sprechstunde will ich nicht anbieten. Die werden vorgeschrieben vom Gesetzgeber. Für mehr werde ich nicht bezahlt.

Mehr muss ich nicht leisten.

Mit einer 40-Stunden Woche und auch noch mit einer 44-Stunden Woche kann ich einen Nebenerwerb aufmachen.

In meinen Praxisräumen.

Zum Beispiel freitagnachmittags nur Notfälle (das muss sich ja machen) und, das ist das Entscheidende: Selbstbeteiligungssprechstunde. 

Wer mir also Leistungen über die 44- oder 46-Stunden-Woche heraus abverlangt, darf in meine Privatsprechstunde kommen.

Und wer mehr Labor haben will, als die Krankenkasse bezahlt, wer also z.B. beim DMP KHK in jedem Quartal das Cholesterin wissen will oder das Blutbild, und wer beim Check-up den Schilddrüsenwert und Vitamin D-Spiegel wissen will, muss halt auch dafür bezahlen.

Und wer das Labor nicht beim Orthopäden machen lassen will, sondern beim Hausarzt, muss eben auch dafür bezahlen.

D. h., wer schneller, besser, mehr, höher, weiter, größer, anders will als nur Economy Class, der muss einen Aufpreis zahlen.

Das Ganze heißt: Selbstbeteiligung!

Was ja sinnvoll ist und einen Kontrapunkt zur Flatrate-Mentalität darstellt.

Und die Politik signalisiert uns ja genau das, wenn sie unseren „Punktwert“ vom der Kostensteigerung abkoppelt. 

Eine Erhöhung des Punktwertes, eine Inflationsanpassung, das alles würde ja bedeuten, dass die Beiträge steigen, dass die Arbeitgeber mehr zahlen müssen, dass die Versicherten alle mehr zahlen müssen. Egal, was sie in Anspruch nehmen. Also eine Erhöhung der Flatrate. Aber immer noch Flatrate.

Und es wäre wieder eine Flatrate für alle. Für Krankenhäuser. Für Gebiets-Fachärzte. Für diejenigen, die sich jetzt die Neupatienten-Regelung zurückerobert haben, die uns als Hausärzte in Rheinland-Pfalz überhaupt nichts bringt. In anderen Bundesländern vielleicht, aber nicht bei uns. Bei uns werden die Pauschalen aller Patienten bezahlt. Anders als in Baden-Württemberg.

Der Gesundheitsminister kann in der heutigen Zeit keine Selbstbeteiligung fordern. Es wäre politischer Selbstmord.

Wir müssen Selbstbeteiligung machen, und gestalten. Es nicht zu tun, wäre wirtschaftlicher Selbstmord.

Mein persönliches Ziel: eine 38,5 Stunden-Woche in der Scheinselbstständigkeit als niedergelassener Arzt. 

Und dann mache ich gern noch 6 oder 8 Stunden Hobby, Privatsprechstunde, Zusatzsprechstunden, Reiseimpfung Beratung, Ernährungsberatung, Trainingsberatung, Sportmedizin, Leistungsdiagnostik …

Wir brauchen Perspektiven!

Für mich ist das eine.

– Christof Heun-Letsch, Ludwigshafen

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